Remarks (Deutsch)  [English]

[These remarks were made to Eric, Charles and the Congregation during the ceremony]

 

Dies ist ein großartiger Tag.

Ich möchte mich bei allen Anwesenden herzlich bedanken. Mein besonderer Dank gilt Debbie Tal-Rüttger (die dieses Ereignis organisiert hat), Bürgermeister Friedrich, Herrn Knebel, Herrn Wilke, meiner Familie, der Jüdischen Liberalen Gemeinde Emet we’Schalom und meinen engsten persönlichen Freunden.

 

 

Als ich zum ersten Mal daran dachte, diese traditionelle Zeremonie in Korbach durchzuführen, wo bereits mein eigener Vater, also Erics Großvater, seine Bar-Mizwa hatte, fragte mich meine Frau, woher ich diese Idee hätte. Schließlich ist es nicht gerade typisch für mich, eine religiöse Feier vorzuschlagen. Auch wenn eine Bar-Mizwa sowohl für mich als auch für unsere Verwandten und Freunde sicherlich ein wichtiges Ereignis darstellt, ist es doch etwas Besonderes, dass wir uns gerade an diesem Ort, hier und heute, versammelt haben. Ich erinnere mich an die Bar-Mizwa meines ältesten Sohnes, für die wir ins israelische Massada reisten. Damals entschieden wir uns für Massada, weil es für das jüdische Volk ein Friedenssymbol und daher sehr beliebt für diese Zeremonie ist. Dieser Tag war sicherlich ein bedeutendes Erlebnis für unsere Familie, durch das wir an eine Tradition in der Geschichte unseres Volkes anknüpfen konnten, die zweitausend Jahre zurück reicht.

 

 

Auf die Frage meiner Frau konnte ich keine überzeugende Antwort geben. Allerdings war mir bewusst, dass dieses Ereignis eine tiefe spirituelle Bedeutung hatte, die nur schwer beschrieben werden kann. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob sprachliche Mittel in der Beschreibung angemessen sind, aber ich möchte es – nachdem ich mir einige Gedanken dazu gemacht habe – wenigstens versuchen.

 

 

Alle heute hier Anwesenden sind als freie Menschen erschienen. Wir haben alle das Glück, in Ländern zu leben, in denen die Freiheit des Einzelnen geschätzt und geschützt wird. Das jüngste Beispiel dafür ist die Anwesenheit meiner Freunde aus der ehemaligen Sowjetrepublik. Für Sie ist Deutschland ein Zufluchtsort, genauso wie die Vereinigten Staaten vor fünfundsechzig Jahren eine Zuflucht für meinen Vater waren. Ich kann mir vorstellen, dass Sie Ihren Kindern und Enkelkindern von Ihrer früheren Heimat erzählen und dass Sie eines Tages den Wunsch hegen werden, den Ort zu besuchen, an dem Ihre eigenen Großeltern aufgewachsen sind. Vielleicht wird dies möglich sein, vielleicht nicht. Vielleicht werden Sie sogar die Gelegenheit haben, Israel und Massada zu besuchen. Mit Sicherheit werden die Geschichten, die Sie Ihren Kindern und Enkelkindern erzählen, den Wunsch entfachen, mehr zu erfahren. Und manche unter ihnen werden zu Ihrer Freude eines Tages in die frühere Heimat reisen und Ihre Wohn- und Gebetsstätten besuchen.

 

 

Sie haben die Gelegenheit, eine Kopie des Tagebuchs meines Großvaters zu lesen, in dem er seine Reise in die USA festhielt. Er schrieb dieses Tagebuch mit vierzehn Jahren, kurz nach seiner eigenen Bar-Mizwa. Nach seiner Ankunft schickte er das Tagebuch zurück zu seinen Eltern in Korbach, bevor er es später wieder zu sich nahm. Es wurde von denselben nichtjüdischen Mitmenschen aufbewahrt, die sich mit ihrem Leben für die Rettung meiner Großeltern eingesetzt hatten. Mein Vater fand darin auch die letzten Briefe, die er je von seinen Eltern erhalten hatte. Obwohl ich jeden einzelnen dieser Briefe hundert mal gelesen habe, bleibt mir der folgende Satz meines Großvaters besonders in Erinnerung:

 

...du bist ein Sohn des auserwählten Volkes; du bist das Glied der langen Kette, die in der Vergangenheit begann und die bis in die Ewigkeit reicht... sei ein ehrenwerter Mensch, ein guter und wahrer Israelit...

 

 

Heute stehe ich hier mit Freunden, Bekannten und Verwandten, um die letzten Wünsche meiner Großeltern und Erics Urgroßeltern zu erfüllen. Die heutige Zeremonie symbolisiert eine Fortführung dieser „Kette“ und alle hier Anwesenden sind Glieder dieser Kette. Diese Feierlichkeit verbindet uns. Dafür und über die Tatsache, dass meine Familie und Freunde und Sie alle hier sein können und diesen Tag gemeinsam erleben, bin ich dankbar.

 

 

Eric und Charles werden diesen Tag nie vergessen. Er bedeutet für sie mehr, als Sie sich vorstellen können. Eines Tages werden Sie Ihren eigenen Kindern und Enkelkindern davon erzählen. Möge dies ein Tag sein, an dem in unseren Ländern und überall auf der Welt Frieden herrscht.

 


Last revised: June 24, 2003                   Copyright © Joel W. Goldwein, 2003.    Duplication and/or use of material on this website is by express written permission only.